Große Einsatzübung mit Gefahrstoffen im Wohngebiet

Feuerwehren und DRK probten den realistischen Notfall – unter gespannten Blicken der Bevölkerung

Ebstorf/Landkreis (fpr). Blaulichter zuckten, Feuerwehrleute in Vollschutzanzügen retten und bergen in einem abgesperrten Bereich, Rotkreuzhelfer versorgen Verletzte, Anwohner stehen vor ihren Häusern und staunen. Gestern Abend (8. August) ging im Bereich Koppelring/Haferkamp des Klosterfleckens Ebstorf nichts mehr. 15 Einsatzfahrzeuge von Feuerwehren und dem DRK standen aufgereiht in den Straßen, und für die Bewohner der Einfamilienhäuser war der Feierabend mehr als aufregend. Grund dafür: In einem Wohnhaus auf dem Eckgrundstück schien eine wahre Katastrophe ausgebrochen zu sein. Und dennoch war das realistische Spektakel zum Glück „nur“ eine Einsatzübung.

Schon um 19:00 Uhr hatten sich die Kräfte der Ortsfeuerwehr Ebstorf, des Gefahrgutzuges Nord vom Kreisfeuerwehrverband und der DRK-Bereitschaft Uelzen am Feuerwehr-Gerätehaus in der Sprengelstraße versammelt. Nach einer knappen Einweisung wurden die Einheiten abgefordert und fuhren im Verband die Bahnhofstraße hinunter bis zum Koppelring. Jedes Quartal organisiert der Gefahrgutzug eine Zugübung. Diese finden meist reihum zusammen mit den örtlichen Feuerwehren, die Mannschaften für diesen Fachzug stellen, in deren Kommunen statt. So kommt man herum im Nordkreis und lernt die Gegebenheiten vor Ort kennen. Außerdem wird die enge Zusammenarbeit mit den jeweiligen Feuerwehren intensiviert.

Während sonst derartige Übungen, bei denen es stets um größere Schadenslagen mit Gefahrstoffen geht, eher in landwirtschaftlichen Betrieben oder Industriegebieten am Rande der Ortschaften erfolgen, hatte der stellvertretende Zugführer des Gefahrgutzuges, Timo Schärling aus Ebstorf, als Übungsleiter das Szenario bewusst nicht außerhalb des Klosterfleckens, sondern mitten in das Wohngebiet am Koppelring verlagert. Hier wurden bereits im Vorwege die Anwohner mit Handzetteln und persönlichen Ansprachen auf die Einsatzübung hingewiesen und für die Bevölkerung per Facebook „Entwarnung“ gegeben. So konnten die Menschen beruhigt das Geschehen vor ihrer Haustür oder von den Balkonen aus verfolgen.

Nach und nach rückten die vielen Einsatzfahrzeuge an. Die beteiligten Einheiten präsentierten wahrlich ein Bild von fachlicher Kompetenz und moderner Ausstattung. Beispielhaft wurden die Zuschauer über den Ablauf und das Vorgehen der Helfer informiert. Damit hatte die Übung sogar den Nebeneffekt, dass die mehr als 40 Feuerwehrleute und fünf DRK-Helfer durch diese Art von Öffentlichkeitsarbeit Werbung für ihre Organisationen machten. Durch die Beteiligung der DRK-Bereitschaft Uelzen, die wie im Realfall mit zwei Rettungs- und einem Einsatzleitwagen in die Übung eingebunden war, wurde somit auch die Kooperation zwischen Feuerwehr und Rettungsdienst um ein weiteres Mal erfolgreich erprobt. Denn: Bei der Rettung von zwei Verletztendarstellern – so das Resümee – erfolgte die Teamarbeit von Feuerwehrleuten und Rettungssanitätern Hand in Hand.

Bevor jedoch die „Verletzten“ von dem ersten Rettungstrupp aus dem abgesperrten Gefahrenbereich im Umkreis von 50 Metern rund um das Gebäude zur weiteren Betreuung übergeben werden konnten, mussten diese zunächst dekontaminiert werden. Eine Person war nämlich laut Vorgabe des Übungsleiters bei der Entsorgung von Kanistern und Fässern aus der Garage verunglückt und war mit den gefährlichen Stoffen in Berührung gekommen. Zunächst unbekannte Flüssigkeiten liefen aus. Sie mussten entziffert und recherchiert werden, was durchaus einige Zeit in Anspruch nahm. Die zweite Person stellte eine Einsatzkraft der Feuerwehr dar, die im Rahmen der Erkundung unter einem speziellen Chemie-Vollschutzanzug plötzlich Probleme bekam und ausfiel.

Während anfangs die Freiwillige Feuerwehr Ebstorf erste Maßnahmen ergriff und der stellvertretende Ortsbrandmeister Björn Kernen die Gesamteinsatzleitung übernahm, rückten nach und nach die Fahrzeuge des Gefahrgutzuges mit ihren Spezialausrüstungen für größere Schadenslagen an, um die Ebstorfer Kräfte zu unterstützen. Der Gefahrgutzug Nord des Kreisfeuerwehrverbandes setzt sich aus Einheiten der Feuerwehren Bad Bevensen, Bienenbüttel, Wriedel-Schatensen und auch Ebstorf zusammen. Darüber hinaus kamen bei dieser Übung auch noch zwei Fahrzeuge des Landkreises, unter anderem ein Wechsellader mit Container zum Zug. Die Führung des Gefahrgutzuges übernahm an diesem Abend vertretungsweise Michael von Geyso.

Aufgrund der Urlaubszeit war die Zahl der Einsatzkräfte insgesamt leicht reduziert, sodass zum Beispiel Atemschutzgeräteträger bis an ihre Grenzen gingen. Eine Vielzahl von Spezialgeräten zur Erkundung, Bergung und zum Schutz der Umwelt sowie der Brandbekämpfung wurden den Fahrzeugen entnommen. Daher wurde, weil das Übungsziel erreicht war, die Einsatzübung nach gut zwei Stunden vom Übungsleiter mittendrin gestoppt und beendet. Denn schließlich mussten die Ausrüstungen auch wieder auf den Fahrzeugen verstaut und die Einsatzbereitschaft hergestellt werden. Darüber hinaus sollte das abgesperrte Übungsgebiet nicht allzu spät wieder für die Anlieger frei gegeben werden.

Bei einer anschließenden Besprechung erhielten alle eingesetzten Kräfte ein Resümee über ihre geleistete Arbeit. Der Übungsleiter zeigte sich erfreut von der Motivation und dem fachlichen Know-how aller beteiligten Einsatzkräfte. Dies bestätigte auch der DRK-Bereitschaftsleiter Sascha Heinze aus Uelzen. Doch trotz hohem Ausbildungsstand ist eine derartige Übung sinnvoll, um gelerntes Wissen anzuwenden und durch wiederholtes Training zu festigen. Und so habe der Gefahrguteinsatz im Ebstorfer Wohngebiet auch Möglichkeiten aufgezeigt, einzelne Schwachpunkte zu optimieren und wo es Grenzen der Hilfeleistung durch ehrenamtliche Kräfte gibt.

Zum Beispiel stellt die bewusste Entscheidung, die Großschadenslage in einem Wohngebiet zu simulieren, Schwierigkeiten bei der Ordnung des Raumes – insbesondere die sinnvolle Aufstellung der vielen Einsatzfahrzeuge auf einem beengten Platz – dar. Die Anwohner im Bereich Koppelring/Haferkamp und angrenzenden Straßen konnten sich jedenfalls nach einem spannenden Abend noch sicherer fühlen und waren um ein vielfältiges Hintergrundwissen über die Bekämpfung von Gefahrgutunfällen durch Feuerwehren und den DRK-Rettungsdienst reicher.

Text + Fotos: Feuerwehr-Presse

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